Ein gesunder Lebensstil und Nachhaltigkeit sind Themen, die während der letzten Jahre immer stärker in den Fokus gerückt sind. Dass die Entwicklung auch vor Konferenzen nicht Halt macht, hat sich spätestens gezeigt, als die World Obesity Federation damit begann, besonders gesundheitsbewusste Veranstaltungsorte mit dem Titel „Healthy Venues“ auszuzeichnen, darunter auch das Messe Wien Exhibitions & Congress Center im deutschsprachigen Raum. Eine reine PR-Bezeichnung ist das nicht, denn die Veranstaltungsorte müssen nachweisen, dass sie die vorgegebenen Anforderungen tatsächlich erfüllen, ehe sie sich mit dem Titel schmücken dürfen.
Bis gesunde Konferenzen zum Standard werden, ist es vermutlich aber noch ein weiter Weg, wie die Ergebnisse einer Studie zum Thema Wellness bei Veranstaltungen zeigen, die die Incentive Research Foundation IRF kürzlich veröffentlicht hat. Abseits eines allgemeinen Rauchverbots und dem Angebot kalorienarmer Getränke passiert bei Konferenzen für gewöhnlich nicht so viel, was der Gesundheit der Teilnehmenden zugutekommen würde. Andererseits nimmt die Mehrzahl der 300 befragten Organisatoren für sich in Anspruch, viel Wert auf Gesundheit und Wellness zu legen. Das scheint allerdings vornehmlich für die zu gelten, die bei Agenturen beschäftigt sind. Diese sind bei dem Thema offenbar schon einen Schritt weiter und konzentrieren sich inzwischen verstärkt auf gesundheitsbewusstes Planen. Bislang würden aber nur 5% der Befragten die von ihnen organisierten Konferenzen selbst als „sehr gesund“ bezeichnen.
Wieso geht die Entwicklung dennoch nicht schneller voran? Scheitern gesündere Konferenzen wie so vieles an knappen Budgets? Die IRF-Studie zeichnet ein anderes Bild. In den Ergebnissen fällt dem finanziellen Rahmen nur eine untergeordnete Rolle zu. Stünde den Veranstaltern mehr Geld zur Verfügung, würde das den Antworten zufolge nicht wie vielleicht vorschnell vermutet in mehr gesunde Konferenzangebote fließen. Ganz auf die Mehrkosten schieben lässt sich das Fehlen von gesunden Angeboten also nicht.
Viele kleine Schritte
Warum sind gesunde Konferenzen überhaupt wichtig? Eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung haben Auswirkungen auf die allgemeine Aufnahmefähigkeit der Teilnehmenden. Sind Nerven und Gehirn mit ausreichend Nährstoffen versorgt, steigert das die Konzentration und Produktivität gleichermaßen. Damit die Wirkung lange anhält, bietet sich eine Verpflegung an, die neben Obst und Gemüse Vollkornprodukte enthält. Verzichten Sie auf Süßigkeiten und achten Sie generell auf zucker- und auch salzreduzierte Nahrungsmittel, denn zu viel Salz erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Um den Flüssigkeitsbedarf zu decken, bietet sich Wasser statt zuckerhaltiger Softdrinks an. Weil reines Wasser vielen zu fad schmeckt, können Sie alternativ Infused Water bereitstellen – Wasser mit Geschmack, das sich sehr einfach herstellen lässt. Außer Wasser und einer Handvoll Obst, Gemüse und/oder Kräutern wird nichts benötigt. Für eine ganz simple Variante reichen schon ein paar Scheiben Gurke oder Zitrone, die ins Wasser kommen, das dann für etwa eine Stunde kühlgestellt wird. Weil Zitrone den Stoffwechsel anregt und Energie liefert, hat das gleich noch mehr positive Effekte. Noch förderlicher für Konzentration und Gedächtnis wird das Getränk durch die Zugabe von Rosmarin, der förderlich für Konzentration und Gedächtnis ist. Entscheiden Sie sich für die Infused-Variante, stellen Sie ruhig ein wenig mehr davon bereit, denn erfahrungsgemäß wird mehr Wasser getrunken, sobald es Früchte enthält. Ähnliches können Sie vermutlich beobachten, wenn Sie Obst nicht als ganze Frucht, sondern in aufgeschnittener Form servieren.
Sportlich unterwegs
Ein vollgepacktes Programm, das sich nicht nur drinnen und vornehmlich im Sitzen abspielt, ist noch immer fast ausschließlich bei Sportkongressen die Regel. Wer für mehr Bewegung sorgen möchte, muss allerdings keine Turnhalle anmieten und allen ein straffes Fitness-Programm aufzwingen.
Maßnahmen für mehr Bewegung während der Konferenz lassen sich auf andere Weise in den Ablauf einbauen. Denkbar wären zum Beispiel Fahrräder zum Ausleihen, um entweder schneller zum Veranstaltungsort zu kommen oder zwischendurch die Umgebung zu erkunden. Parks oder Wälder in der Nähe eignen sich, um zu Fuß entdeckt zu werden. Bauen Sie Exkursionen und Ausflüge an der frischen Luft in das Rahmenprogramm ein. Selbst in hellen Räumen ist es mit dem Tageslichteinfall spätestens bei Präsentationen vorbei, wenn die Fenster abgedunkelt werden. Überlegen Sie deshalb, ob es möglich wäre, einen Workshop nach draußen zu verlegen – vorausgesetzt natürlich, es ist nicht gerade tiefster Winter und das Wetter spielt mit.
Stundenlanges Sitzen ist nicht optimal. Gehen Sie darum in den Pausen dagegen vor, indem nicht überall Tische und Stühle zu finden sind. Manche Veranstalter bieten den Teilnehmenden Gelegenheit, sich an Stehtischen auszutauschen. Das ist prinzipiell nicht verkehrt, aber nicht ideal für Personen im Rollstuhl. Aus demselben Grund ist es auch keine gute Idee, Aufzüge während der Konferenz außer Betrieb zu nehmen, um zum Treppensteigen zu animieren. Weil die Idee dahinter ja nicht schlecht ist, könnten Sie vor jedem Aufzug einen Hinweis auf die gesündere Variante zum Wechseln der Etage anbringen.
Bei allem gesundheitsbewussten Ehrgeiz auf Veranstalterseite sollte jedoch immer der Grundsatz gelten, dass es sich dabei lediglich um Vorschläge handelt. Wird alles Gesunde zur alternativlosen Pflicht erklärt, könnte das bei einigen auf wenig Gegenliebe stoßen. Besser ist es, für ein gesundheitsbewusstes Umfeld zu sorgen, ohne jemanden zu etwas zu zwingen. Was die Teilnehmenden daraus machen, ist ihnen überlassen. Wer die Wahl hat, entscheidet sich eher dazu, auch mal etwas Neues auszuprobieren.
Etwas mehr Strenge dürfen Sie dagegen beim Thema Rauchen walten lassen, indem Sie die Location zur rauchfreien Zone erklären. Ein interessantes Angebot an Aktivitäten für mehr Bewegung in der Pause hält vielleicht eine Teilnehmerin vom Griff zur Zigarette ab und verhindert, dass ein anderer Besucher die freie Zeit nur dazu nutzt, um einen Blick auf seine Mails zu werfen. Das Spektrum an Ideen ist ein weites, kann doch von Fitnessübungen über das Erlernen von Entspannungstechniken bis hin zu Yoga alles vertreten sein. Die Konferenzveranstalterin und Yoga-Lehrerin Sarah Robinson hat zu diesem Zweck beispielsweise #DevYoga erfunden. Das ist eine Yoga-Session für Programmierer*innen, die keinerlei Zubehör oder spezielle Kleidung erfordert, und somit bei Tech-Konferenzen allen offensteht, die gesünder leben möchten. Und weil wir eben schon mal beim Thema waren: Viele Yoga-Übungen sind übrigens auch für Personen im Rollstuhl gut geeignet.
Noch mehr Sport integrieren Sie, wenn Sie das Angebot um die Einrichtungen erweitern, die bereits da sind, indem Sie beim Buchen der Hotelkontingente aushandeln, dass die Teilnehmenden der Konferenz die Fitnessräume eines Hotels nutzen dürfen. Das empfiehlt sich jedoch eher für größere Veranstaltungen, bei denen Sie vielleicht sogar schon wissen, dass Sie mit einigen Sportbegeisterten rechnen können.
Ein anderer Ansatz kommt aus dem Gamification-Bereich. Spielerische Elemente setzen Veranstalter etwa in Form von Schrittzählern ein, die die Teilnehmenden erhalten. Am Ende eines Konferenztags werden die Angaben verglichen und die Person mit dem besten Ergebnis bekommt eine Belohnung.
Starten Sie vorher eine kurze Umfrage, um herauszufinden, wie groß das Interesse an verschiedenen Bewegungs- und Sportangeboten ist. Reine Outdoor-Varianten sind hier nicht ratsam, denn sobald es regnet, fällt das Angebot weg. Achten Sie darauf, dass es sich um einfache Übungen handelt, für die es keine besondere Erfahrung braucht und die auch außerhalb der Konferenz fortgeführt werden können. Hinter all dem soll ja der Gedanke stehen, dass ein wenig Bewegung im Alltag gar nicht so verkehrt ist, was möglicherweise der Anfang für ein langfristiges Umdenken ist. Bieten Sie außerdem bevorzugt Fitness-Sessions mit einer Länge von 15 bis 20 Minuten an. Diese können schon viel bewirken und sind weniger abschreckend für Neueinsteiger, die vermutlich wenig Lust auf eine zweistündige Sporteinheit hätten. Auch hier wieder: Schaffen Sie ein Angebot für alle, das als Denkanstoß fungiert, bei dem aber keine grundsätzliche Teilnahmepflicht besteht.
Eine Kostenfrage?
Wer sich in der glücklichen Situation befindet, nicht mit einem nach oben streng begrenzten Budget arbeiten zu müssen, hat bei der Zusammenstellung der Vitalangebote die freie Wahl zwischen unzähligen Möglichkeiten. Dass aber nur die investitionsfreudigsten Veranstalter gesunde Konferenzen auf die Beine zu stellen vermögen, ist ebenso falsch. Fitness-Coaches etwa sind sicher nicht für alle erschwinglich, dafür längst auch kein Muss für eine Konferenz. Ähnlich wirkungsvoll und mit allenfalls geringen zusätzlichen Ausgaben verbunden sind kleine Maßnahmen. Weniger große Portionen, mehr Früchte oder längere Pausen mit Spaziergängen zwischen den Sessions bereichern den Programmplan, ohne den Finanzen zu schaden. Leider ist es oft so, dass ein gesünderes Konferenz-Catering mit höheren Kosten einhergeht als das etwa bei einer Fastfood-Variante der Fall wäre. Insgesamt sättigen gesunde Lebensmittel allerdings auch mehr, weshalb weniger bestellt werden muss. Wer außerdem von Beginn an auf Nachhaltigkeit achtet, wird am Ende weniger Abfall haben und auf diese Weise wiederum Geld einsparen. Wie Organisatoren Lebensmittelverschwendung schon vor der Konferenz entgegenwirken, haben wir in diesem Artikel zusammengefasst. Mit einer Konferenz-Software kann die Registrierung zum Beispiel so gestaltet werden, dass Sie die Teilnehmenden nach ihrer bevorzugten Ernährungsweise (vegetarisch, vegan etc.) fragen können. Mit diesen Angaben sind Sie besser in der Lage, einzuschätzen, wie viele Portionen welcher Variante Sie benötigen.
Vergleichsweise günstig gestaltet sich darüber hinaus die Kommunikation der Aktivitäten. Nutzen Sie die Website der Konferenz, um zu erläutern, welche Strecken sich in der Umgebung für eine Joggingrunde oder für einen Spaziergang eignen. Gibt es Sehenswürdigkeiten oder interessante Orte, die zu Fuß erreichbar sind?
Manch gut gemeintes Hilfsmittel können Sie sich dagegen gleich direkt sparen. Das gilt zum Beispiel für den einst sehr populären Sitzball, der sich höchstens zum Training, aber nicht als Möbelersatz für lange Konferenz-Sessions eignet und auf lange Sicht sogar eher schädlich sein soll.
Das Team gehört auch dazu
Bei allen Plänen für eine gesunde Lebensweise sollten Sie die fleißigen Helfer-Teams vor Ort nicht vergessen, denen die Angebote ebenfalls offenstehen sollten. Über mangelnde Bewegung wird sich während der Konferenz sicher niemand im Team beschweren können, aber wichtig ist hier vor allem die Verpflegung, die sich nicht wesentlich von dem unterscheiden sollte, was die Teilnehmenden serviert bekommen. Sorgen Sie immer dafür, dass allen im Team genügend Zeit für die Mahlzeiten bleibt. Das wirkt Stress gezielt entgegen und davon gibt es reichlich, sobald die Konferenz im Gange ist.
Nach Abschluss der Veranstaltung ist es im Übrigen sinnvoll, von allen Teilnehmenden Feedback per Rundmail einzuholen. In Form einer Umfrage bringen Sie so in Erfahrung, wie zufrieden alle mit dem gesunden Angebot waren und wie wahrscheinlich es ist, dass sich langfristig etwas an deren Verhalten ändert. Und vielleicht ergibt sich aus den Antworten sogar eine neue Idee für die nächste Konferenz. Positive Antworten sorgen dann auf jeden Fall für ein gutes Gefühl, mit Ihrer Konferenz etwas vermittelt zu haben, was sogar noch über die eigentlichen Inhalte der Veranstaltung hinausgeht.