Eignet sich Snapchat als Eventmarketing-Tool?

Muss jetzt jede Veranstaltung bei Snapchat vertreten sein? Noch ein Account, der regelmäßig mit Updates befüllt werden muss? Lohnt sich das? Wie so oft beim Thema Social Media werden auch im Fall von Snapchat alle auf der Suche nach eindeutigen Antworten enttäuscht sein zu erfahren, dass es wieder mal keine gibt. Trotzdem dürfte die Entscheidung für oder gegen den Einsatz auf der eigenen Konferenz diesmal ein wenig leichter fallen.

Was macht man eigentlich bei Snapchat?

Bevor Sie mögliche Snapchat-Kampagnen planen, sollten Sie sich mit den Grundlagen der App vertraut machen. Die Idee dahinter ist schnell erklärt: Bei Snapchat posten Nutzer Inhalte, die nach einer bestimmten Zeit wieder verschwinden.

Das sind entweder Snaps, also Schnappschüsse in Form von Bildern oder kurzen Videos, die an einen oder mehrere Kontakte gesendet werden und nach dem Öffnen nur ein bis zehn Sekunden lang verfügbar sind. Zum anderen erstellen die Nutzer so genannte Stories, das sind Bild- oder Videonachrichten, die von anderen unbegrenzt oft angesehen werden können, insgesamt aber nicht länger als 24 Stunden verfügbar sind, ehe sie ebenfalls verschwinden. Eine Story setzt sich aus verschiedenen Aufnahmen zusammen, die beim Aufrufen hintereinander abgespielt werden. Alle Inhalte können zusätzlich mit Filtern, Emojis, Zeichnungen oder Text versehen werden.

Die Kurzlebigkeit mag zunächst vielleicht etwas seltsam anmuten, ist aber kein Hindernis. Wie oft scrollen Sie durch Facebook- oder Twitter-Profile, um alte Posts von jemandem nachzulesen? Wahrscheinlich ist das eher die Ausnahme. Was gepostet wird, ist oft schon nach ein paar Sekunden vergessen und bis zum nächsten Beitrag nicht mehr relevant – nur eben mit dem Unterschied, dass es noch da ist und nicht automatisch gelöscht wird. Snapchat konzentriert sich gleich vordergründig auf das, was gerade wichtig ist. Bei Veranstaltungen lässt sich da optimal ansetzen.

Als das Magazin Marketing & Kommunikation 70 Marketingverantwortliche zum Thema Snapchat befragte, hielten auch mehr als die Hälfte davon die App besonders gut für das Eventmarketing geeignet. Allerdings sahen die Befragten auch Probleme wie die Kurzlebigkeit der Inhalte. Daneben hält etwa die Herausforderung, geeignete Inhalte zu erstellen und das fehlende Wissen beim Umgang mit Snapchat noch viele von der Nutzung der App ab.

Längerfristig planen

Seit einem Update im Sommer 2016 nimmt die App allerdings auch Rücksicht auf alle, denen die gesnappten Inhalte doch etwas zu flüchtig sind. Nutzer können seitdem ausgewählte Snaps und Stories in Memories verwandeln und somit dauerhaft festhalten. Das gleichnamige Feature speichert die eigenen Aufnahmen und kann sogar Bildmaterial aus dem Fotoalbum des Smartphones als Grundlage für neue Snaps verwenden. Das ist ein entscheidender Punkt, der die App für Veranstalter interessant machen dürfte: Inhalte lassen sich nun auch vorproduzieren und somit besser planen, nicht mehr alles muss ausschließlich live passieren.

Überlegen Sie, wo sich interessante Ansatzpunkte für Snaps ergeben. Listen Sie während der Anmeldephase Gründe auf, warum sich die Teilnahme lohnt, dokumentieren Sie die Vorbereitungen, stellen Sie die Organisatoren vor, überraschen Sie die Follower mit exklusiven Ankündigungen oder blicken Sie hinter die Kulissen. Was zählt, sind vor allem Ihre Ideen. Professionelle Videoausrüstung ist dafür nicht erforderlich. Zum Aufpolieren der Aufnahmen bietet die App selbst zahlreiche Möglichkeiten. Bilder und Videos lassen sich beispielsweise beschriften, bemalen oder mit Stickern bekleben.

Ein eigener Filter für Ihre Veranstaltung

Besonders hoch im Kurs stehen bei Snapchat-Nutzern die Filter und Effekte. Gesichter werden etwa verzerrt oder getauscht, Videos langsamer, schneller oder rückwärts abgespielt. Bei den mitgelieferten Filtern ist noch längst nicht Schluss. Snapchat fordert Nutzer mittlerweile dazu auf, eigene Geofilter zu erstellen, die später nur innerhalb eines bestimmten geografischen Bereichs verfügbar sind. Existiert beispielsweise ein Filter für eine Stadt, wird dieser allen angezeigt, die sich gerade dort befinden. Sobald jemand die Stadt verlässt, kann er seine Aufnahmen nicht mehr damit versehen. Eine Übersicht, wie solche Filter aussehen können, findet sich hier.

Für Konferenzen gibt es die Option, einen On-Demand-Geofilter zu erstellen, der nur zum Zeitpunkt der Veranstaltung am Veranstaltungsort verfügbar ist. Alle Teilnehmer mit Snapchat-App finden diesen dann bei der Filter-Auswahl und können ihren Kontakten auf diese Weise mitteilen, wo sie sich gerade befinden. Daneben kann die Verwendung des Filters eine Bedingung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel im Rahmen der Konferenz werden. Das Ganze lohnt sich für alle experimentierfreudigen Organisatoren, die nach besonders innovativen Ideen suchen. In Deutschland ist das Feature nämlich momentan noch nicht verfügbar, wird aber voraussichtlich in den nächsten Monaten veröffentlicht.

Leider ist die Einrichtung eines On-Demand-Filters nicht kostenlos. Die genauen Kosten richten sich jeweils nach dem Zeitraum und der Größe des Gebiets, in dem der Filter aktiv sein soll, und liegen bei mindestens 5 Dollar. Beim Design müssen einige Regeln beachtet werden, deren Einhaltung Snapchat prüft, wenn ein neuer Vorschlag eingereicht wurde. Gibt es nichts zu beanstanden, wird der Filter freigeschaltet.

Snapchat Geofilter

Zwei Snaps – einer verziert mit einem nur in Weimar verfügbaren Geofilter, der andere mit einem On-Demand-Filter für die fiktive Converia Developer Conference

Nicht für alle

Auch wenn Snapchat inzwischen nicht mehr nur jugendliche Nutzer anspricht, ist die App nach wie vor besser für Veranstaltungen mit überwiegend jüngeren Teilnehmern geeignet. Ein Publikum aus etablierten Wissenschaftlern auf einer Veranstaltung mit einem eher seriösen Ton wird Snaps und Stories sehr wahrscheinlich kritischer gegenüberstehen als eines, das zu einem großen Teil aus Studierenden oder Vertretern der Werbebranche besteht. Einige Wissenschaftler haben die App bereits für sich entdeckt. Die Professorin Jill Walker Rettberg widmet sich in ihren Stories Themen, zu denen sie an der Universität Bergen forscht, während beispielsweise Maria Schreiber von der Universität Wien gerne auf Konferenzen snappt:

Der Aufwand ist nicht gerade gering. Sind Sie selbst noch neu bei Snapchat, wird es einige Zeit dauern, bis Sie mit den Dynamiken des Netzwerks vertraut sind. Während bei Twitter die größte Herausforderung darin besteht, sämtliche Informationen in 140 Zeichen zu packen, geht es bei Snapchat darum, in maximal zehn Sekunden auf den Punkt zu kommen. Das mag zuerst einmal ungewöhnlich sein und ohne Eingewöhnungsphase laufen Sie Gefahr, nicht den richtigen Ton zu treffen. Sehen Sie sich vor dem ersten Snap lieber erst einmal um und versuchen Sie, ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Inhalte gut ankommen könnten. Notieren Sie sich Ideen und davon möglichst viele, denn zwei oder drei Snaps pro Konferenztag sind entschieden zu wenig.

Ein großes Problem ist für viele das Hinzufügen neuer Kontakte. Es ist viel schwieriger als bei anderen Netzwerken, einen Account über die Suche zu finden. Ohne Nutzername oder Snapcode funktioniert fast gar nichts. Da die Aufnahmen für die eigenen Kontakte anstatt für die breite Öffentlichkeit erstellt werden, wirken die Snaps zwar immer persönlicher, nur ist die Reichweite bei einem sehr überschaubaren Freundeskreis eben entsprechend gering. Alleine vor sich hin zu snappen ist also ziemlich sinnlos. Planen Sie zusätzliche Schritte ein, um die Zahl Ihrer Freunde zu erhöhen. Dazu gehört es zum Beispiel, den Snapcode Ihres Accounts zu teilen und geschickt zu platzieren, allen voran auf der Konferenz-Website. Zudem helfen Apps wie GhostCodes bei der Suche nach Personen und liefern Inspiration für eigene Snaps – sofern man denn ausreichend Zeit dafür einplant.

Wer die ganz einfach nicht übrig hat oder sich noch nicht richtig fit für die Nutzung der App auf der Veranstaltung fühlt, muss sich nicht unbedingt gleich wieder ganz davon verabschieden. Eine Alternative könnten hier Kooperationen sein. Kennen Sie jemanden, der Snapchat schon länger nutzt und sich für die Themen Ihrer Konferenz interessieren würde? Bei einer Zusammenarbeit könnten Sie von deren Reichweite profitieren und bräuchten nicht mit einem eigenen Account ganz von vorne anfangen.

Ansonsten noch ein Tipp zum Schluss für alle, die sich noch nicht wirklich auf Snapchat-Terrain vorwagen, keine Kooperationen eingehen können oder wollen, aber trotzdem neugierig sind: Erstellen Sie Snaps und speichern Sie diese auf Ihrem Smartphone. Anschließend posten Sie die Aufnahmen bei Facebook oder Twitter. Ihre Fans und Follower dürften sich damit gut unterhalten fühlen, während Sie eine ganze Menge Zeit sparen, weil Sie keinen zusätzlichen Kanal promoten und mit Inhalten füllen müssen.