Ideen für das Rahmenprogramm virtueller Konferenzen

Alles, was bei Konferenzen vor Ort abseits des regulären (wissenschaftlichen) Programms passiert, geht zu Hause ein wenig unter. Lässt sich überhaupt Gemeinschaft suggerieren, wenn doch alle allein vor ihren Bildschirmen sitzen und nur ab und zu mal aufstehen, um die Kaffeetasse wieder aufzufüllen? Das funktioniert in der Praxis tatsächlich – Voraussetzung dafür sind allerdings ein paar zündende Ideen, die zu finden schon eine etwas anspruchsvollere Herausforderung ist. Wir haben uns deshalb mal ein wenig bei virtuellen Konferenzen nach Inspiration umgesehen.

Zum Kennenlernen

Zu Beginn der Konferenz sind sich alle oder zumindest die meisten Teilnehmenden noch fremd. Persönliche Begegnungen gab es vielleicht schon vereinzelt, aber so richtig kennengelernt hat man die Mehrzahl der anderen noch nicht. Um das zu ändern, bietet unsere virtuelle Lösung die Option, durch gezielte Kontaktvorschläge ganz einfach Kontakt zu anderen Personen mit denselben Interessen aufzunehmen. Derselbe Ansatz lässt sich im Rahmenprogramm noch etwas weiterdenken – mit etwas weniger konventionellen Einstiegsaktivitäten.

Denkbar sind etwa Vorstellungsrunden, bei denen Teilnehmende ein paar weniger bekannte Dinge über sich und ihre Fachbereiche bzw. Forschung erzählen. Vorlage hierfür kann ein vorab verschickter Fragebogen sein, den alle für ihre Vorstellung nutzen und der gern etwas humorvoller gestaltet sein darf. Oder Sie fordern die Teilnehmenden auf, im Vorfeld drei Dinge über sich aufzuschreiben, von denen nur zwei der Wahrheit entsprechen. Aufgabe der anderen ist es dann, die Lüge herauszufinden. Gerade in kleinen, zufällig zusammengewürfelten Gruppen vermittelt das ziemlich schnell ein lebendiges Bild von den Leuten, die bei der Konferenz dabei sind, und nimmt vielen sicherlich die Scheu, mit anderen bis dato Fremden in Kontakt zu treten, denn der ein oder andere Fakt eignet sich bestimmt, um ein vertiefendes Gespräch zu beginnen.

Teamwork aus der Ferne

Dass eine virtuelle Konferenz keine einsame Angelegenheit sein muss, beweisen die Ideen so mancher experimentierfreudiger Veranstalter, denen viel daran liegt, Verbindungen außerhalb der fachlichen Sessions zu schaffen. Grüppchenbildung ist in diesem Fall nichts Schlechtes, denn wenn Teilnehmende im Team gemeinsam Aufgaben lösen, schafft das wertvolle Erlebnisse, an die man sich auch später noch gern erinnert.

Ausprobiert werden solche Aktivitäten zurzeit auffällig oft bei technischen Konferenzen. Ein interessantes Beispiel ist etwa das virtuelle Pub-Quiz, das die diesjährige IFCS-ISAF, eine Konferenz für ferroelektrische Anwendungen, organisiert hat. Die Rate-Teams mussten in mehreren Runden Fragen zu ihrem Fachbereich beantworten. Dabei diente der teameigene Breakout-Room dazu, sich erst mal intern auf die richtigen Antworten zu einigen, welche anschließend per Formular übermittelt wurden. Nach jeder Runde versammelten sich alle in einem Video-Meeting zum Auswerten der Antworten.

Eine noch etwas größere Herausforderung wartete bei der hardwear.io Virtual Con, die für die teilnehmenden Hacker und Haecksen eine Capture the Signal-Challenge veranstaltete, bei der mehrere Funksignale analysiert werden mussten. Die Teams hangelten sich von einer Schwierigkeitsstufe zur nächsten; das nächste Level konnte jedoch kniffligerweise nur erreicht werden, wenn beim vorangegangenen Signal alles richtig gemacht wurde. Die drei Bestplatzierten wurden am Ende dann auch mit einigen ziemlich hochwertigen Preisen belohnt.

Dabeibleiben lohnt sich

Gleich mehrere sehr kreative Wettbewerbe hatte die Distance Teaching & Learning (DT&L) Conference in Wisconsin zu bieten, für die das virtuelle Format ohnehin eher so etwas wie ein Heimspiel gewesen sein dürfte: Zum einen gab es ein Rätsel, das gleichzeitig ein Ansporn war, an möglichst vielen der Sessions teilzunehmen, denn in deren Verlauf wurde jeweils ein Wort kurz im Bild eingeblendet. Wer am Ende alle Wörter gefunden, in die richtige Reihenfolge gebracht und so den Lösungssatz gebildet hatte, konnte sich einen Gewinn abholen. So stellen die Veranstalter sicher, dass Teilnehmende die Inhalte aufmerksam verfolgen und dafür am Schluss belohnt werden. Anders als bei anderen Gewinnspielen wurde hier niemand enttäuscht, denn alle Einsender*innen erhielten den Gewinn – eine ziemlich clevere Idee.

Wer noch mehr gewinnen wollte – dazu gehörte dann allerdings schon ein wenig Glück –, konnte sich am Konferenz-Bingo oder der täglichen Twitter-Challenge beteiligen. Letztere forderte die Teilnehmenden auf, den tagesaktuellen Konferenz-Hashtag zu nutzen, um etwa Bilder ihrer Haustiere oder Fotos von sich und ihrem Bildschirm während der Sessions zu posten.

Zwei Tweets zum #DTLvision-Hashtag, unter dem die Teilnehmenden der DT&L-Konferenz formulierten, was sie von der Veranstaltung mitnehmen werden

Virtuelles Konferenz-Dinner

Kein so unbedeutender Teil des Rahmenprogramms sind für gewöhnlich die gemeinsamen Mahlzeiten. Ganz so einfach lassen sich diese leider nicht online auslagern. Zwar gibt es mit Mok-Bang seit einigen Jahren ein koreanisches Internet-Phänomen, bei dem sich Menschen beim Essen filmen und damit auf erstaunlich hohe Resonanz stoßen, gerade im Kontext einer Konferenz dürfte so etwas jedoch in jeder Hinsicht eine Geschmacksfrage sein und wird nicht allen zusagen.

Zwei bessere Vorschläge haben da die Veranstalter des Kongresses für mathematische Software ICMS 2020 gefunden, der unter normalen Umständen an der TU Braunschweig stattgefunden hätte. Als Alternative zum gemeinsamen Dinner bzw. Lunch gab es einerseits die Option einer gemeinsamen Koch-Session nach Rezept, zum anderen aber auch einen Kochwettbewerb, bei dem die Teilnehmenden am Ende ein Foto ihrer fertigen Gerichte teilen. Anschließend werden die Bilder bewertet und die Person, deren Gericht die meisten Stimmen erhalten hat, erhält zusätzlich zur selbstgekochten leckeren Mahlzeit auch noch einen Preis.

Für hybride Konferenzen ließe sich das Konzept sogar noch ein wenig abwandeln, sodass zum Beispiel verschiedene Teams gegeneinander antreten, die vor Ort jeweils gemeinsam kochen.

Mit Getränken funktioniert das ähnlich gut: Weil sie die Teilnehmenden in diesem Jahr zwar nicht persönlich in Bamberg begrüßen können, aber die Stadt dennoch ins Rahmenprogramm integrieren wollten, haben die Organisatoren der KI2020 – einer Konferenz für künstliche Intelligenz – einen anderen Weg gewählt. Neben einer virtuellen Stadtführung steht eine virtuelle Bierverkostung als Ersatz für das Konferenz-Dinner auf dem Plan, was aufgrund der hohen Brauereidichte der Region durchaus passend erscheint. Das dazugehörige Paket mit Bieren aus der Region konnte vorab nach Hause bestellt werden.

Statt Bier funktioniert das Verkosten natürlich genauso gut mit allen denkbaren anderen Getränken. Schön wäre hier zudem immer eine nichtalkoholische Variante, um wirklich allen die Gelegenheit zur Teilnahme zu geben.

Aktiv bleiben

Ein bisschen Bewegung schadet sicherlich niemandem. Wer zu Hause allenfalls mal von einem Raum in einen anderen wechselt, hat das sogar noch dringender nötig als bei einer Konferenz, die außerhalb der eigenen vier Wände stattfindet.

Ein paar aktivitätsgeladene Pausen sind angesichts dessen vielleicht genau die richtige Methode, um sich für das noch folgende Programm fit zu machen. Ob letzten Endes Yoga, Pilates oder Meditationsübungen auf dem Plan stehen, ist grundsätzlich erst mal egal, solange es sich um einfache Anleitungen handelt, die Teilnehmende auch nach der Konferenz in ihren Tagesablauf einbauen können. Zusätzliche Motivation schafft passendes Equipment, das Sie in Form eines Goodie-Bags per Post verschicken können und das oft nicht wirklich sinnvolle Werbe- durch weitaus nützlichere und langlebigere Sportutensilien ersetzt.

Von hochintensivem Intervalltraining ist bei Konferenzen dagegen eher abzuraten, wenn Sie vermeiden möchten, dass alle danach erst mal eine Stunde brauchen, um wieder halbwegs aufnahmefähig zu sein bzw. nur geübte Personen überhaupt bis zum Ende der Übung durchhalten. Erfolgsversprechender sind einfache Workouts, die auch Unerfahrene zu Hause nachmachen können.

Die Workout-Session übernehmen die Organisatoren manchmal sogar selbst

Ein bisschen Vorsicht ist auf der rechtlichen Seite geboten: Katrin Taepke weist in ihrem Blog darauf hin, dass möglicherweise GEMA-Gebühren fällig werden, wenn Sie die Fitnessübungen mit Musik unterlegen – hier also aufpassen.

Virtuelle Exkursionen

Andere Orte zu erkunden, ohne die eigene Wohnung zu verlassen, scheint zunächst schwer vorstellbar zu sein, ist bei Konferenzen aber trotzdem möglich. Für die Teilnehmenden der ins Virtuelle verlegten MOBSTER Collaboration Conference, die sich mit Sternen und Magnetfeldern beschäftigt, fand abseits des regulären wissenschaftlichen Programms eine Antarktis-Exkursion via Zoom statt, bei der zwei Astrophysiker von ihrer Forschungsarbeit am Südpol berichteten und persönliche Erlebnisse mit wissenschaftlichen Erkenntnissen verknüpften.

Besonderer Service für Eltern

Das Rahmenprogramm der MOBSTER-Konferenz enthielt noch einen weiteren interessanten Eintrag, der eher kurzfristig in die Planung eingeflossen ist. Im Vorfeld der Konferenz stellte sich heraus, dass viele Teilnehmende gleichzeitig zu Hause ihre Kinder betreuen mussten, weshalb das Organisationsteam kurzerhand auch diesen etwas bieten wollte. Im Rahmen mehrerer Aktivitäten konnten die Jüngsten dann ihr astronomisches Wissen durch das Lösen kleiner Aufgaben und weiterführende Lektüre erweitern. In einer eigens für Kinder entwickelten Präsentation stellte die Astronomin Saida Caballero-Nieves darüber hinaus noch zahlreiche interessante Fakten zum Universum vor, während die Eltern sich ungestört den Sessions für Erwachsene widmen konnten.

Gemeinschaftliches Rätsellösen

Logik und Teamwork verbinden Escape Rooms auf unterhaltsame Weise miteinander. Die Spieler*innen müssen dabei innerhalb einer vorgegebenen Zeit zusammen mehrere Rätsel lösen, um den Raum, in dem sich das alles abspielt, wieder verlassen zu können. Verschiedene solcher Szenarien haben entsprechende Anbieter nun auch für virtuelle Umgebungen entwickelt, in denen kleinere Gruppen im Rahmen eines Video-Meetings zusammenarbeiten, um die richtigen Hinweise zu finden. Das ist als Abwechslung für zwischendurch ideal und fördert zusätzlich das Networking, auch wenn thematisch mal andere als die typischen Inhalte der Konferenz im Vordergrund stehen.

Aber das darf und soll ruhig auch so sein, denn selbst wenn sich natürlich alle wegen der fachlichen Diskussionen für die Konferenz angemeldet haben, funktioniert der Austausch immer dann am besten, wenn man die daran beteiligten Personen ein wenig besser kennt und vielleicht auch mal von einer anderen Seite erlebt hat.

Konferenzen ohne Rahmenprogramm wirken dagegen immer ein bisschen „unfertig“ – und das gilt besonders für virtuelle Konferenzen, weil diese ohne die sonst so typischen Zufallsbegegnungen auskommen und Veranstalter daher andere Wege einschlagen müssen, um die große physische Distanz zu überbrücken und ein Gefühl einer Gemeinschaft entstehen zu lassen.

Wie wichtig ist Ihnen persönlich ein ansprechendes Rahmenprogramm? Oder können Sie von weiteren Einfällen berichten, auf die Veranstalter virtueller Konferenzen gekommen sind? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.