Gendern in der Konferenz-Software – Geht das zu Lasten der Usability?

Schon 2019 sind wir in einem Artikel der Frage nachgegangen, wie sich in einer Konferenz-Software gendergerechte Sprache und Bedienbarkeit vereinbaren lassen. Das Thema beschäftigt uns also schon mehrere Jahre. Eine zufriedenstellende Lösung hat uns allerdings lange Zeit gefehlt.

Unser Support-Team haben jedoch regelmäßig Anfragen erreicht, die genau damit zu tun hatten. Für viele Konferenzen waren Anpassungen am Wording der Software notwendig, die auf geschlechtsneutrale Formulierungen abzielen. Standardmäßig hat Converia bisher zwar schon an vielen Stellen neutrale Begriffe wie „Personen“ verwendet, sobald es aber etwas spezifischer wurde, nutzten wir das generische Maskulinum, etwa bei Wörtern wie „Teilnehmer“ oder „Autor“.

Da unsere Software sehr gut auf die Bedürfnisse wissenschaftlicher Konferenzen zugeschnitten ist, fiel uns gerade bei Veranstaltenden aus dem Hochschulbereich vermehrt auf, dass diese großen Wert auf gendersensible Sprache legen. Das möchten wir unterstützen, denn gerade Konferenzen sollen Orte sein, die allen offenstehen und niemanden ausschließen. Dabei spielt Sprache eine große Rolle und auch eine Konferenz-Software spricht gewissermaßen zu den Teilnehmenden. Wenn Veranstaltende durchweg großen Wert auf nicht-diskriminierende Sprache legen, Teilnehmende bei der Anmeldung dann aber konsequent im generischen Maskulinum angesprochen werden, passt das nicht so recht ins Gesamtbild.

Zwar konnten wir einen solchen Widerspruch durch die Anpassungen des Wordings immer weitestgehend vermeiden, dennoch war das für unseren Support jedes Mal mit einem größeren Aufwand verbunden. Wir wollten hier deshalb ganz grundlegend nachbessern, auch, wenn es derzeit keine einheitlichen Standards gibt, die wir als Grundlage übernehmen konnten.

Das war auch der Grund, warum wir bei der Umsetzung zunächst unschlüssig waren: Sobald wir uns für ein Vorgehen entscheiden, passt das vielleicht gar nicht zu den Vorgaben der Veranstaltenden. Das würde bedeuten, dass wir im Support-Team nach wie vor umfangreiche Wording-Änderungen vornehmen müssen – so richtig geholfen wäre also niemandem.

Welches Sonderzeichen?

Das war die wesentliche Frage, die uns sehr lange beschäftigt hat. Auch hier fehlen momentan Standards. Faktoren wie Usability, Inklusivität und Barrierefreiheit wollten wir in jedem Fall berücksichtigen, sodass unsere Entscheidung letztlich zugunsten des Doppelpunkts ausgefallen ist.

Im Vergleich zu den anderen Sonderzeichen beeinträchtigt der Doppelpunkt die Lesbarkeit am wenigsten. Er liegt genau innerhalb der Mittellänge der Buchstaben und fügt sich somit wesentlich besser in das Schriftbild ein als etwa das häufig anzutreffende Gender-Sternchen („Teilnehmer*innen“) und funktioniert daher auch auf Buttons sehr gut.

Im Gegensatz zum Binnen-I („TeilnehmerInnen“) bezieht der Doppelpunkt zudem das ganze Identitätsspektrum ein statt nur zwei Geschlechter abzubilden.

Software soll so barrierearm wie möglich sein

Auch das soll für Converia gelten. Parallel arbeiten wir derzeit an Lösungen, um vorgegebene Standards zur Accessibility (z.B. WCAG 2.1) zu erfüllen. Sonderzeichen passen dabei genau genommen gar nicht so gut ins Bild, da diese unter anderem Probleme mit Screenreadern verursachen können – Stichwort fehlende Standards.

Ein bisschen beinflusst hat unser Vorgehen auch Apple, wo seit iOS 15 konsequent mit dem Doppelpunkt gegendert wird. Vielleicht entwickelt sich genau daraus ein einheitlicher Standard, den künftig auch Screenreader berücksichtigen.

Für unser konkretes Vorgehen haben wir uns daher auf Folgendes verständigt: Den Doppelpunkt verwenden wir nur, wenn wir keinen neutralen Begriff finden oder die Stelle sich nicht gendergerecht umformulieren lässt. Der Aufwand bei der Umsetzung war daher gewaltig und zog sich über mehrere Monate, denn das Vorgehen Suchen à Ersetzen à Doppelpunkt funktionierte hier natürlich nicht.

Wie sieht das im Ergebnis aus?

Eine erste Befürchtung war, dass wir am Ende eine Konferenz-Software haben, die zwar gendersensibel ist, deren Texte dafür länger und komplexer geworden sind.

Das konnten wir vermeiden. Beispielsweise dadurch, dass wir sehr genau darauf geachtet haben, dass durch das Gendern die Bedeutung nicht verlorengeht bzw. Begriffe nicht zu unspezifisch werden. Ein „Autor“ ließe sich zum Beispiel genderneutral zu einer „Person“ umschreiben, nur wäre damit nicht mehr klar, welche Person gemeint ist. Ein:e Autor:in? Ein:e Teilnehmer:in? Ein:e Referent:in? Auch das sind Personen, deren Daten in Converia hinterlegt werden. „Person hinzufügen“ wäre also keine geeignete Beschriftung für einen Button gewesen.

Ganz neue Begriffe wollten wir ebenfalls vermeiden. Gerade für langjährige Converia-Nutzer:innen wäre das eine zu große Umstellung, die das Arbeiten an vielen Stellen sicher erschwert hätte.

Problemlos ließ sich das hingegen an anderen Stellen umsetzen, an denen es kein Problem mit der Verständlichkeit gibt. „Ansprechpartner“ haben wir etwa in „Kontaktperson“ geändert und statt einem „Benutzerkonto“ nutzt Converia nun den Begriff „Account“.

Bessere Usability

So konnten wir zudem sogar grundlegend die Handhabung unserer Konferenz-Software verbessern. Begriffe, die während der letzten Jahre in unterschiedlichen Converia-Releases eingeführt wurden, wurden nicht immer konsequent an jeder Stelle abgeglichen, sodass mal der Begriff „Benutzerkonto“ und mal „Account“ zu finden war. Jetzt verwenden wir überall einheitliche Begriffe.

Einige Textstellen konnten wir darüber hinaus durch einfachere Formulierungen ersetzen, was Missverständnisse reduziert und das Arbeiten in Converia noch ein Stück angenehmer gestaltet.

Insgesamt haben wir durch die vorgenommenen Sprachanpassungen einen großen Mehrwert im Hinblick auf die Usability geschaffen – auch dazu kann gendersensible Sprache beitragen. Wir freuen uns, mit unserer Konferenz-Software einen Beitrag dazu leisten zu können.