Im Grunde ist ein Chatbot nichts anderes als ein Roboter, der eigenständig Aufgaben erledigt. Dahinter verbirgt sich ein Software-Modul, das in der Lage ist, mit Nutzern zu interagieren. Diese sollen das Gefühl haben, mit einem echten Menschen in Kontakt zu stehen, denn der Bot versteht, was sein Gesprächspartner schreibt und reagiert darauf. Vorher festgelegte Regeln entscheiden darüber, wie die Antworten ausfallen. Damit er die passende Antwort ausgeben kann, achtet der Bot auf spezielle Schlüsselwörter, anhand derer er erkennt, worauf die Frage des Nutzers abzielt. Die Formulierung der Frage ist deshalb eher zweitrangig, solange mindestens ein Schlüsselwort enthalten ist. Allerdings sollten Sie den Nutzern vorher erklären, immer nur eine einzige Frage zu stellen und diese möglichst einfach zu formulieren. Komplexe Anfragen mit kompliziertem Satzbau werden nicht zum gewünschten Ergebnis führen.
Von Natur aus sind Bots sehr lernfähig, möchten aber etwas beigebracht bekommen. Möglich wird das durch Datenbanken, in denen Fragen, Antworten und Schlüsselwörter enthalten sind und aus denen der Bot sein Wissen bezieht. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto besser klappt das mit den Antworten.
Chatbots sind also praktische Konferenz-Helfer, die es außerdem nicht stört, dieselbe Frage zum zehnten Mal innerhalb einer halben Stunde gestellt zu bekommen, während das für so manche Mitarbeiter vor Ort schon ein bisschen anstrengend werden kann. Weil die Antwort immer gleich ausfällt, verhindert ein Bot widersprüchliche Angaben. Er stellt also sicher, dass die Teilnehmer sofort Antworten erhalten. Das Team vor Ort hat so mehr Zeit für andere Aufgaben, wenn die Beantwortung von Fragen an einen Chatbot delegiert wird.
Bleibt noch zu klären, wie genau der Bot auf eine Frage reagiert. Eine Frage wird er nur verstehen, wenn ihm bekannte Wörter darin vorkommen. Synonyme der Wörter werden nicht automatisch erkannt. Daneben gibt es höher entwickelte Bots, die die Intention des Nutzers möglichst genau erfassen sollen, indem sie die Grammatik der Frage analysieren. Das funktioniert ähnlich wie die Eingabe einer Frage bei Google, bei der der Nutzer am Ende die passende Antwort angezeigt bekommt. Dazu braucht es Methoden zur Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP). Entsprechende Algorithmen sind deutlich komplizierter aufgebaut. Geeignet ist eine solche Methode deshalb nur, wenn Sie über Programmierkenntnisse verfügen. Einfache Bots lassen sich ohne Programmiererfahrung erstellen.
Der Chatbot als Trend
Aber warum sind Chatbots ausgerechnet jetzt so ein großes Thema? Immerhin gibt es sie bereits seit mehr als 50 Jahren.
Die Gründe dafür sind in der zunehmenden Nutzung mobiler Geräte zu suchen. Viele Smartphone-Besitzer verwenden ihre Telefone inzwischen für so ziemlich alles – außer zum Telefonieren. Allgemein sind Anrufe gerade bei Jüngeren innerhalb der letzten Jahre immer unbeliebter geworden. Unterhaltungen, die komplett schriftlich ablaufen, sind oft praktischer. Sie erlauben es, selbst zu entscheiden, wann das Gespräch fortgesetzt wird, was sich ganz gut mit der Multitasking-Mentalität vereinbaren lässt. Nur sehr spezifische Angelegenheiten werden doch lieber per Telefonat geklärt. Passend dazu gehören Messaging-Apps inzwischen zu den beliebtesten Smartphone-Anwendungen in Deutschland.
An der Stelle kommen nun die Bots ins Spiel: Mit dem Ziel, möglichst viele Dienste in die eigenen Angebote zu integrieren, stellt etwa Facebook seit 2016 die passenden Werkzeuge zum Kreieren eines eigenen Bots bereit. Über den Facebook Messenger nehmen Nutzer Kontakt zu einem Bot auf, den der Veranstalter zuvor selbst erstellt hat.
Ein Bot-Baukasten für alle
Neben einer Facebook-Seite ist allerdings ein gewisses technisches Vorwissen zum Einrichten des Bots erforderlich. Als weitere Hürde muss der Review-Prozess durchlaufen werden. Das bedeutet, dass sich die Nutzer nach dem Einrichten nicht sofort mit dem Bot unterhalten, denn dieser muss erst noch einen mehrtägigen Umweg über die Facebook-eigene Reviewing-Abteilung nehmen.
Praktischer sind da Tools wie Chatfuel oder Botsify, mit deren Hilfe Veranstalter auch ohne Programmierkenntnisse einen Chatbot erstellen und in ihren Messenger oder ihre Website einbinden. Beim Einrichten wird eingestellt, welche Formulierungen welche Antwort auslösen sollen. Diese können ständig erweitert werden, sodass der Bot mit der Zeit immer schlauer wird. Facebook empfiehlt, im Vorfeld alles zu notieren, was die Nutzer fragen könnten und was diese vom Bot erwarten. Auf je mehr Fragen Sie ihn vorbereiten, desto hilfreicher wird er später sein. Sobald das abgeschlossen ist, kann sofort gechattet werden. Eine Freigabe von oberster Stelle ist nicht mehr nötig.
Die Antworten des Bots müssen nicht zwangsläufig nur aus Text bestehen. So kann er etwa zu Google Maps weiterleiten, Bilder von Raumplänen schicken oder sich mit Emojis zurückmelden. Über die Buttons gelangt der Nutzer dann zum Beispiel direkt zur Übersicht der Speaker für den gewünschten Tag.
Nicht immer wird der Bot antworten können. Anstatt sich aber nur dafür zu entschuldigen, sollte er an der Stelle alternative Lösungen anbieten – etwa, es einfach noch einmal mit einer etwas anderen Formulierung zu versuchen oder sich an das Schalterpersonal zu wenden. TOPBOTS hat eine Liste mit Fähigkeiten erstellt, die Bots beherrschen sollten, um persönlicher und effektiver zu chatten.
Universell begabt
Wichtig ist allerdings, vorher zu klären, wofür der Bot später verwendet werden soll.
Beispielsweise könnte dieser Fragen rund um die Veranstaltung beantworten. Er verrät unter anderem, wo es etwas zu essen gibt, wann die nächste Session anfängt, wie das WLAN-Passwort lautet, wo sich die Posterausstellung befindet oder wann Mittagspause ist. Die Funktion ähnelt im Grunde der einer FAQ-Liste auf einer Website – mit dem Unterschied, dass sich diese nun niemand mehr bis zum Ende durchlesen braucht. Schließlich kann man nie wissen, ob die benötigte Information wirklich in der Liste zu finden ist. Dass so etwas in der Praxis gut funktionieren kann, zeigt der Chatbot der Analytics- und Social Media-Konferenz SAScon 2016. Der SASbot beantwortete den Besuchern Fragen und konnte in dem Zusammenhang etwa auch auf Twitter-Profile von Referenten verlinken.
Oder man nutzt den Bot (zusätzlich), um Push-Benachrichtigungen an die Teilnehmer zu verschicken. Diese erhalten dann eine Nachricht, sobald eine Präsentation ausfallen muss, verschoben wurde oder die Präsentationsfolien verfügbar sind. Eine Benachrichtigung kann aber auch verschickt werden, um an den Start eines Workshops zu erinnern oder darüber zu informieren, wenn jemand vor Ort seinen Personalausweis verloren hat oder ein Schlüssel gefunden wurde.
Als weitere Möglichkeit bietet es sich an, den Chatbot als Erweiterung zur Konferenz-App und zur Konferenz-Management-Software im Allgemeinen einzusetzen. Dieser liefert den Teilnehmern zusätzliche Informationen wie etwa eine Wegbeschreibung zum Veranstaltungsort oder die Information, wo es noch freie Parkplätze gibt. Künftig könnten das sogar persönlich auf den Nutzer abgestimmte Antworten sein, wenn nämlich der Bot weiß, welche Veranstaltungen ein Teilnehmer gebucht hat. Letzteres wäre allerdings eher ein Fall für einen komplett eigenständigen, von Facebook unabhängigen Chatbot, der direkt mit der Konferenz-Software verknüpft ist und daher die Teilnehmer kennt. Schon alleine aus Gründen des Datenschutzes wäre dann eine Lösung via Facebook kaum noch zu vertreten.
Es bleibt spannend
Wirklich tiefsinnige Unterhaltungen mit einem Chatbot sind im Veranstaltungsbereich momentan noch nicht möglich, weil sich dessen Repertoire nur auf die ihm bekannten Phrasen und Signalwörter beschränkt. Mit darin nicht enthaltenen Fragen und Sätzen weiß der Bot dagegen nicht umzugehen, sodass Bot und Nutzer noch oft aneinander vorbeireden. Facebooks langfristiges Ziel ist es jedoch, Bots zur Verfügung zu stellen, die im Laufe der Zeit selbst dazu lernen und menschlicher werden, indem sie eine eigene Persönlichkeit entwickeln können. Dass sich auf dem Weg dorthin einige Hürden befinden, musste Microsoft im letzten Jahr erfahren. Bots sind nämlich auch für negative Einflüsse empfänglich.
In Zukunft könnte ein Chatbot vielleicht sogar Konferenzen von Anfang bis Ende begleiten und schon bei der Registrierung mit zusätzlichen Erklärungen zu Angeboten oder zum Ablauf dabei sein. Ein verstärkter Einsatz wäre zudem beim Networking denkbar. Hier könnten Bots Besuchern helfen, mit anderen ins Gespräch zu kommen und etwa nach Interessen des Nutzers fragen, um diese dann mit den LinkedIn-Profilen anderer Teilnehmer abzugleichen und Kontaktvorschläge zu senden.
Auch wenn erst die noch kommenden Entwicklungen zeigen werden, wie praxistauglich die Bots auf lange Sicht sind, ist zumindest jetzt schon sicher, dass sie auf Konferenzen nicht einfach nur eine technische Spielerei sind, für die sich schon in ein paar Monaten niemand mehr interessiert.