Was immer noch ein wenig wie eine Technologie aus der Zukunft anmutet, entdecken gerade mehr und mehr Veranstalter für sich. Virtual Reality-Anwendungen sind nämlich äußert vielseitig und helfen nicht nur beim Planen, sondern schaffen auch später vor Ort neue, einzigartige Erlebnisse.
Virtual Reality – was ist das eigentlich?
Bei der virtuellen Realität handelt es sich um eine künstliche dreidimensionale Wirklichkeit, die das komplette Sichtfeld einnimmt und mit der Menschen interagieren können. Ganz ohne Hilfsmittel lässt sich diese andere Wirklichkeit allerdings nicht betreten. Als Schlüssel zu den virtuellen Gefilden fungieren spezielle Headsets. Diese sind inzwischen so gut, dass sie im Gehirn den Eindruck erzeugen, sich tatsächlich in einer anderen als der echten Umgebung zu befinden. Das liegt daran, dass die zeitliche Verzögerung zwischen dem künstlich erzeugten Bild und den echten Kopfbewegungen so gering ist. Man fühlt sich also nicht mehr nur als Beobachter, sondern kann die virtuelle Welt von innen erleben.
Das hat ein riesiges Potenzial für Konferenzen und wird voraussichtlich traditionelle Abläufe verändern, was wiederum gut ist, damit Konferenzen auch auf lange Sicht noch attraktiv für Teilnehmer bleiben.
Vielfältige Einsätze
Bisher richteten sich die meisten Hersteller bei der Vermarktung ihrer VR-Produkte noch sehr oft hauptsächlich an Gamer, mittlerweile öffnet man sich dagegen zunehmend auch anderen Bereichen – Veranstaltungen inbegriffen. Headsets sind daher auch für Konferenzen eine gute Investition. Damit diese sich lohnt, ist zusätzlicher Ideenreichtum gefragt: Was soll erreicht werden? Idealerweise steht am Ende ein Erlebnis mit Mehrwert, das es in der Form anderswo nicht gibt, Ihrer Veranstaltung also einen eindeutigen Vorteil verschafft.
Das soll nun allerdings nicht heißen, dass Sie die als nächstes anstehenden Konferenzen komplett virtuell gestalten müssen. Ein dezenter Einsatz kann durchaus schon viel bewirken.
Als hilfreich kann sich die Technologie schon vor dem Start erweisen. Organisatoren müssen nicht mehr selbst mehrere Reisen zu möglichen Veranstaltungsorten unternehmen, um die Locations kennenzulernen und sich schon einmal umzusehen. Ein Headset ermöglicht virtuelle Rundgänge und erleichtert so die Auswahl des Veranstaltungsortes. In den USA ist das bereits ein größeres Thema. Meet L.A. bietet mit XplorIT beispielsweise ein Portal an, auf dem interessante Orte in der ganzen Stadt in 360° besichtigt werden können, darunter auch einige, die sich für Konferenzen eignen.
Auf der Konferenz selbst kann VR einzelne Themen anschaulicher gestalten und so besonders authentische Erlebnisse schaffen. Simulationen zu Lehr- und Übungszwecken etwa unterstützen Besucher dabei, sich neu Gelerntes dauerhaft einzuprägen.
Auf medizinischen Kongressen könnte Teilnehmern auf diese Weise nähergebracht werden, wie bestimmte Medikamente wirken. Vorgänge im Körper werden bislang meist durch einfache Grafiken und Animationen dargestellt. Mittels VR werden diese greifbarer gestaltet. Ähnlich verhält es sich mit der Antwort auf die Frage, wie sich bestimmte Krankheitssymptome auf die Wahrnehmung der Patienten auswirken. Erlebbar könnten hier zum Beispiel Augenkrankheiten werden, die das Sichtfeld beeinträchtigen, oder verschiedene Arten von Schwindel.
Architekten und Ingenieuren wiederum könnten VR-Anwendungen bei Entwürfen behilflich sein. Konferenzen bieten Zeit zum Experimentieren und zeigen, was mit Headset und entsprechender Software möglich ist. Generell erlauben es Veranstaltungen, Geräte dort erstmals auszuprobieren, ohne das eigentliche Gerät vor zu sich zu haben. Solche, die schwer zu transportieren sind oder viel Platz brauchen, müssten dann nicht mehr auf eine Konferenz gebracht werden. Stattdessen reicht es aus, wenn sich die Teilnehmer in Ruhe mit dem virtuellen Pendant vertraut machen und den Umgang damit üben können, ohne Angst haben zu müssen, etwas kaputtzumachen. Selbst ausprobieren ist zudem spannender als nur zuzusehen, wie jemand die Handhabung demonstriert.
Oder die Besucher bereisen virtuell verschiedenste weit entfernte Orte, um Prozesse und Ergebnisse zu demonstrieren. Das führt dazu, dass Besucher nicht mehr nur einen Film über Polarforschung sehen, sondern mittels Headset direkt zur Forschungsstation katapultiert werden und die Umgebung erkunden können. Dass so etwas auf beeindruckende Weise funktionieren kann, hat kürzlich Mobileye gezeigt. Der Hersteller autonomer Fahrtechnologien hat die Besucher der diesjährigen YPO Edge-Veranstaltung auf eine Fahrt in einem selbstfahrenden Auto mitgenommen und das Ganze gleich noch mit einem Weltrekord verknüpft. In eine PowerPoint-Präsentation eingefügte Bilder können da nicht mithalten.
Findet Ihre Veranstaltung statt an einem an mehreren Orten gleichzeitig statt, könnten Sie alle Teilnehmer in einer einzigen virtuellen Location zusammenbringen, in der all aufeinandertreffen und sich unterhalten. Das kann sich bereits jetzt ziemlich echt anfühlen. Zu viel Realität darf man wiederum nicht erwarten. Diejenigen, die sich letztlich im virtuellen Raum befinden, sehen (noch) nicht wie echte Menschen aus. Stattdessen sieht man dort 3D-Avatare, also künstliche Abbilder der einzelnen Personen. Aktuell sind einige Entwicklerfirmen mit der Erstellung möglichst fotorealistischer Avatare beschäftigt, die sogar so sprechen sollen wie das Original. Facebook und Oculus arbeiten dagegen lieber mit Avataren, die wie die Comic-Version ihres realen Pendants aussehen. Sinnvoll kann das Prinzip auch sein, um einen prominenten Keynote-Speaker auf die Konferenz zu holen, der aus Termingründen nicht anreisen kann. Immerhin war es bereits vor fünf Jahren möglich, den bereits verstorbenen Rapper Tupac mit Hilfe einer aufwendigen Hologramm-Technologie auf der Bühne wiederauferstehen zu lassen.
Brillen mit Rundumblick
Wie kommt nun die virtuelle Welt zu den Teilnehmern? Die schon erwähnten Headsets, die oft auch einfach als VR-Brillen bezeichnet werden, gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen. Von außen betrachtet erinnern diese aber weniger an eine herkömmliche Brille, sondern ähneln eher einer Kopflupe.
Da gibt es zum einen Halterungen, in die ein Smartphone geklemmt wird. Das Display wird anschließend von zwei Linsen vergrößert dargestellt, sodass der Eindruck entsteht, man befinde sich mitten im Geschehen. In der einfachsten Variante lässt sich eine solche Halterung sogar mit Hilfe von Pappe, Klettverschluss, einem Magneten und ganz ohne Elektronik anfertigen, was die Google Cardboards beweisen. Ein allgemeines Problem dieser Halterungen besteht jedoch darin, dass diese jeweils nur mit bestimmten Smartphone-Modellen funktionieren. Die Brillen von Samsung oder LG sind zum Beispiel nicht kompatibel mit Geräten anderer Hersteller, während das Cardboard nur schlecht mit kleineren Smartphones zurechtkommt. Das VR-Ergebnis ist aber selbst bei den höherwertigen Modellen mit eigener Elektronik und eingebauten Sensoren nicht das beste. So kann man den Kopf zwar neigen und drehen, sobald sich die Person hingegen von Objekten entfernt oder sich auf diese zubewegt, erkennt das Cardboard das nicht.
Deutlich vielseitiger sind da VR-Headsets wie HTC Vive oder Oculus Rift, die grundsätzlich auf demselben Prinzip basieren, zusätzlich aber ein eigenes Display haben. Dennoch geht auch hier nichts ohne eine Verbindung zu weiterer Hardware. Statt eines Smartphones muss die Brille an einen leistungsstarken Rechner gekoppelt werden. Das Ergebnis ist dafür kaum mit dem der Cardboards zu vergleichen, da durch die höheren Bildraten und fließenden Bewegungen viel eher der Eindruck entsteht, sich mitten in einer virtuellen Umgebung zu befinden.
Das ist auch der Grund, weshalb die Nutzer dieser Modelle seltener mit VIMS zu kämpfen haben, der Visually Induced Motion Sickness, die bei einigen Anwendern zu Schwindel und Übelkeit führt. Das passiert vor allem, wenn es zu lange dauert, bis die Bewegung des Kopfes auf die VR-Umgebung übertragen wird. Folglich ist das Gehirn überfordert, weil das Auge eine Bewegung registriert, das Gleichgewichtsorgan aber keine feststellen kann.
Echte Hürden in virtuellen Umgebungen
Nicht wirklich angenehm sind manche Headsets zudem für Brillenträger. Vorher sollte daher unbedingt getestet werden, ob die Brille genügend Platz darunter hat oder irgendwo etwas drückt. Tragekomfort ist mit oder ohne Brille leider nicht bei allen Modellen gleichermaßen gegeben. Das haben inzwischen auch die Hersteller gemerkt, weshalb die Google Daydream View auf angenehm zu tragenden Stoff statt Pappe setzt.
Mit dem Kauf der Headsets alleine entsteht natürlich noch keine virtuelle Welt. Um die dafür nötigen Inhalte zu produzieren, braucht es noch ein wenig mehr. So werden zum Filmen von 360°-Videos mehrere Kameras oder eine 360°-Kamera eingesetzt, die in der Lage sind, aus allen Richtungen aufzunehmen und dabei den gesamten Bereich abzudecken. In der Regel beauftragen Veranstalter mit einer solchen Aufgabe eine VR-Firma. Ganz vollständig ist die virtuelle Realität mit einem 360°-Film noch nicht, denn die Nutzer können sich später zwar drehen und umsehen, Interaktionen sind aber keine möglich.
Hinzu kommt, dass die Technologie selbst noch einigen Beschränkungen unterworfen ist. Die ersten Headsets eignen sich schon für die kabellose Nutzung, voraussichtlich wird es aber noch eine Weile dauern, bis man endgültig von allen störenden Kabeln befreit sein wird. Bis dahin muss noch mal extra in Wireless-Systeme investiert werden.
Um bei den Kosten zu bleiben: Die höherwertige Technologie der Headset-Modelle wirkt sich auf den Preis aus. Eine Oculus Rift ist derzeit für etwa 600 Euro zu haben, während sich die Kosten für ein Google Cardboard je nach Hersteller auf unter 10 Euro belaufen. Auffällig ist immerhin, dass sich während der letzten Jahre viele namhafte Unternehmen mit Virtual Reality beschäftigt haben – ein weiterer, wenn nicht sogar der deutlichste Beleg dafür, dass die Technologie nicht so schnell wieder verschwinden wird. Da der Wettbewerb günstigere Preise zur Folge hat, wird das Veranstaltern langfristig zugutekommen. Wenn Sie VR ausprobieren möchten, ohne sich in Unkosten zu stürzen, leihen Sie die Geräte aus. Das verursacht nur einen Bruchteil der Kosten, die beim Kauf anfallen würden.
Weil Virtual Reality in dieser Form noch relativ neu und noch lange nicht so verbreitet ist, dass in jedem Haushalt ein Headset zu finden wäre, stehen die Chancen insgesamt aber gut, dass es einige Anmeldungen mehr geben wird, wenn Ihre Konferenz die Technik nutzt. Denn mit VR verfügen Veranstalter über allerhand Optionen, mit denen es ein Leichtes sein dürfte, Besucher zu überraschen und Außergewöhnliches zu bieten.