Mit den zwangsläufigen Absagen von Veranstaltungen auf Grund der Corona-Pandemie haben viele Veranstalter in bewundernswerter Geschwindigkeit und Kreativität Notlösungen für ihre Online-Kongresse entwickelt, die diesem Aspekt allerdings oft noch nicht wirklich gut Rechnung getragen haben. Während die zwanglose Kommunikation unter den Teilnehmenden auf den ersten Blick am schwersten virtuell abbildbar scheint, bietet hier die sorgfältige Wahl passender Ansätze neue, teilweise sogar effektivere Möglichkeiten als bei Vor-Ort-Veranstaltungen.
Was macht persönliche Kontakte während Vor-Ort-Konferenzen aus?
Kontakt zu anderen Teilnehmenden kommt bei Vor-Ort-Konferenzen fast zwangsläufig durch die räumliche Nähe zustande. Typische Situationen dafür sind:
- Spontane Diskussion mit der Sitznachbarin über den letzten Vortrag
- Small-Talk in der Kaffeepause oder am Buffet mit einer Person, die ihren Pausensnack am gleichen Stehtisch einnimmt
- Das Gespräch beim Gala-Dinner mit den Nachbarn am gleichen Tisch
- Der Austausch im Gang mit alten Kolleg*innen oder Mitgliedern des internationalen Projektteams und viele andere mehr
Vorteil in allen Fällen: Ein Gespräch zu starten ist in der jeweiligen Situation mehr oder weniger naheliegend und als Ergänzung zu einer hauptsächlichen Tätigkeit (Essen, Vortrag hören, …) für viele eine angenehme Begleiterscheinung. Es erfordert kaum besonderen Aufwand, um bei entsprechendem Interesse ins Gespräch zu kommen.
Auf den ersten Blick einfacher, aber auf den zweiten vielleicht doch nicht: Körpersprache hilft vor Ort, zu sehen, ob jemand angesprochen werden möchte oder nicht. Der oder die Angesprochene muss nicht viel tun, um (Des-)Interesse an einem Gespräch mit Fremden zu signalisieren. Allerdings können solche Signale, gerade im internationalen Umfeld, bei dem sich verschiedene Kulturen begegnen, leicht missverstanden werden. Dazu bleibt mir immer wieder eine Kongressbegegnung mit einem indischen Teilnehmer vor vielen Jahren gut in Erinnerung, der auf meine Fragen, ob er eine gute Anreise gehabt habe oder mit seiner Unterkunft zufrieden gewesen sei, konsequent kopfschüttelnd mit „Yes“ antwortete. Es brauchte einen Moment, bis ich sein Kopfschütteln richtig deuten und in Einklang mit seiner verbalen Antwort bringen konnte. Ein Signal, das im mitteleuropäischen Kontext als Ablehnung verstanden wird, bedeutet in anderen Regionen der Welt genau das Gegenteil. Ohne sein „Yes“ hätte ich seine Antworten also komplett falsch verstanden.
Nachteil in vielen Fällen: Ich weiß bei neuen Kontakten nicht, auf wen ich mich einlasse. Das ist im Grunde sehr reizvoll, kann aber gelegentlich dazu führen, dass ich nach 30 Sekunden bereits realisiere, dass man sehr wenige Anknüpfungspunkte mit seinem Gesprächspartner hat und man sich die nächste Viertelstunde zwischen unangenehmem Schweigen und hilflosen Gesprächsanläufen versucht, bis das Mittagessen abschließend eingenommen wurde.
Wie kann man gute Kontakte bei virtuellen Veranstaltungen herstellen?
Bei einer Online-Veranstaltung steht man nicht gemeinsam am Buffet und man sitzt auch nicht in unmittelbar in Hörweite anderer Teilnehmender. Wie kann man dennoch ungezwungene Gespräche zwischen Teilnehmenden ermöglichen? Und wie können diese sogar noch gehaltvoller als vor Ort werden? Um eins vorweg zu nehmen: Wir bei Converia sind uns sicher, dass die Antwort nicht lauten sollten, dass Teilnehmende von Online-Kongressen als 3D-Avatare durch gespenstisch anmutende virtuelle 3D-Veranstaltungshallen laufen und dort Kontakt mit anderen 3D-Avataren aufnehmen sollten.
Wie generell beim Transfer traditioneller Vor-Ort-Veranstaltungen zu Online-Meetings sollten auch zu diesem Thema alle Überlegungen von der Frage geleitet werden, was das Wesen und den Zweck des Ganzen für alle Beteiligten ausmacht und wie man den größten Nutzen aus der neuen Situation schöpfen kann. Wir sehen dabei die folgenden Möglichkeiten und berücksichtigen diese auch in unserer Online-Kongress-Plattform Converia Virtual Venue:
1. Menschen auf Grund ähnlicher Interessen in Kontakt bringen, statt rein zufallsbasiert
Statt hauptsächlich zufallsbasiert erlauben virtuelle oder Online-Konferenzen einen auf Daten basierten Ansatz, um Menschen möglichst effektiv zu vernetzen. Dabei können Institutionen, Forschungsinteressen oder die individuelle Auswahl und Bewertung bestimmter Vorträge gute Kriterien dafür sein, mit welchen Teilnehmenden große Überschneidungen an Interessen bestehen.
2. Gemeinsame Orte für Teilnehmende einer Sitzung bieten, die Themen anschließend weiter vertiefen möchten.
Während das Raumangebot vor Ort zwangsläufig begrenzt ist und weitere Diskussionen am Buffet noch kurz aufflammen können, starten bei Online-Kongressen Teilnehmende, die am Ende einer Sitzung weiteren Gesprächsbedarf sehen, einfach ein eigenes Meeting. Dort dürfen neben Video- und Text-Chat auch Whiteboards und gemeinsam bearbeitbare Dokumente genutzt werden, um effektiv zu diskutieren und Ergebnisse solcher Runden auch nachhaltig, über den Kongress hinaus verwenden zu können.
3. Beliebig viele Rückzugsräume anbieten, um Gleichgesinnten oder Arbeitsgruppen spontane Meetings zu ermöglichen
Die eben genannten digitalen Meetings können genauso gut von bestehenden Arbeitsgruppen oder anderweitig spontan zusammenkommenden Personen genutzt werden. Anders als bei Vor-Ort-Veranstaltungen sind der Menge solcher Meetings maximal technische Grenzen gesetzt, die bei vorausschauender Planung nicht spürbar sein sollten.
4. Sinnvollen Ersatz für Kaffeepausen bieten
Online-Kaffeepausen dienen nicht mehr vordergründig der Koffeinversorgung, sondern legen klar den Fokus darauf, mit anderen Teilnehmenden in Kontakt zu treten. Veranstalter sollten dabei darauf achten, Meetings mit möglichst kleinen Gruppen bereitzustellen, damit jede*r der Beteiligten auch Gelegenheit hat, zu Wort zu kommen und solche Situationen nicht von besonders gesprächsfreudigen Teilnehmenden dominiert werden. Einen besonders schönen Ansatz stellt zum Beispiel eine an das klassische Speed-Dating angelehnte Methode dar: Dabei werden zwei Teilnehmende mit potenziell hoher Interessensüberschneidung zufällig in einem Video-Chat zusammengebracht. Dort haben sie für einen begrenzten Zeitraum, z.B. 3 Minuten, Zeit, sich kennenzulernen und zu entscheiden, ob sie nachhaltig in Kontakt bleiben möchten. Nachdem diese Zeit abgelaufen ist, finden sich wieder neue Paarkonstellationen zusammen.
Mit diesen und weiteren Ansätzen nutzen Veranstalter die Möglichkeiten virtueller Konferenzen optimal und generieren einen Mehrwert für den großen Teil der Teilnehmenden, denen auch der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen wichtig ist.